Erläuternde Dokumente und Hinweise
blueball.gif (104 Byte) Information über Gegebenheiten und Perspektiven der informationstechnischen Bildung in den neuen Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in Berlin-Ost
(interner Bericht, Gemeinsame Einrichtung der Länder ... auf den Gebieten Bildung und Wissenschaft, April 1991)
1. Allgemeinbildendes Schulwesen
2. Berufsbildende Schulen
3. Ausstattung
4. Lehrerbildung

Information über Gegebenheiten und Perspektiven der informationstechnischen Bildung in den neuen Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in Berlin-Ost

Informationstechnische Bildung gehört in den neuen Ländern sowie Berlin-Ost zum integrierten Bestandteil des Bildungsauftrages der Schule und bleibt zugleich weiterhin ein wesentliches Entwicklungsfeld.

Ausgangspunkt dafür waren die mit der Informatik und Computertechnik verbundenen tiefgreifenden Veränderungen in den Arbeits- und Lebensprozessen der Menschen. Der mit der Informationsverarbeitungstechnik (IVT) neu entstandene Techniktyp ermöglicht nunmehr die Obertragung geistiger Funktionen auf technische Systeme, die in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens vordringen. In der Bildung und Erziehung, in der Vorbereitung auf ein Leben in einer "Informationsgesellschaft" muß mit dementsprechenden neuen Bildungsinhalten sowie der Ausprägung der erforderlichen Denk-, Arbeits- und Verhaltensweisen reagiert werden. Der heranwachsenden Generation das notwendige Wissen, Können und Verständnis für solche wissenschaftlichtechnischen Entwicklungen zu vermitteln, steht als Aufgabe vor der ganzen Schule, damit die Jugendlichen diese Prozesse in ihrer gesellschaftlichen, beruflichen und persönlichen Bedeutsamkeit und Widersprüchlichkeit verstehen und beurteilen können.

Im November 1985 wurden mit einem Regierungsprogramm die ersten grundsätzlichen Konsequenzen für das ganze Bildungswesen aus der Entwicklung der Informatik/Informationsverarbeitungstechnik bestimmt. Bezüglich des Inhalts und Umfangs von informationstechnischer Bildung und Computerausstattung wurde auf ein bildungsstufenabgestimmtes Vorgehen gezielt, um eine durchgängige informationstechnische Bildung vom allgemeinbildenden Schulwesen bis zur Hochschule zu gewährleisten.

 

1. Allgemeinbildendes Schulwesen

Im allgemeinbildenden Schulwesen begann 1985 die Erprobungsphase mit verschiedenen Konzeptvarianten mit dem Ziel, den Schülern im Unterricht ein elementares Verständnis von Informatik/IVT zu vermitteln, eingeschlossen die entsprechenden Denk-, Arbeits- und Betrachtungsweisen sowie die Entwicklung elementarer Fähigkeiten und Fertigkeiten.

1.1. Zehnklassige Oberschulen:

Die Vermittlung eines elementaren Verständnisses in der zehnklassigen Oberschule - abgestimmt mit den Maßnahmen zur weiteren inhaltlichen Ausgestaltung des mathematischen, naturwissenschaftlichen und polytechnischen Unterrichts - wurde zum generellen Zielaspekt für die Weiterentwicklung der Allgemeinbildung in der Regelschule insgesamt. Mit neuen Lehrplänen für die Fächer Mathematik, Physik und den polytechnischen Unterricht wurde dem entsprochen (z. B. Mathematik - Linie der schrittweisen Entwicklung des algorithmischen Denkens, Lösungswegerarbeitung, Taschenrechnernutzung).

Leitfach ist der Fachbereich des polytechnischen Unterrichts, der für die Integration einer informationstechnischen Grundbildung die günstigsten inhaltlichen Bedingungen bot. Zugleich war eine enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft möglich und konnten polytechnische Zentren mit Computertechnik ausgestattet werden. Nach Erprobungen in 83 polytechnischen Zentren wurde ein erstes Gesamtkonzept informationstechnischer Grundbildung zunehmend ab 1988 schulpraktisch wirksam. Es umfaßt die Komponenten:

  1. Integration eines "Grundkurses Informatik" in den Technikunterricht der Klasse 9. Er ist mit 30 Stunden konzipiert und verfolgt das Ziel, die Schuler für den praktischen Umgang mit einem Computer beim Aufgaben- und Problemlösen aus einem breiten Anwendungsspektrum zu befähigen. Den Schülern werden elementare Kenntnisse über das Wesen informationsverarbeitender Prozesse sowie über den prinzipiellen Aufbau, die Arbeitsweise und Anwendungsmöglichkeiten des Computers vermittelt.
  2. Die Vermittlung von grundlegendem informationstechnischem Wissen und Können im Technikunterricht der Klassen 9 und 10 sowie die Nutzung des Computers zur Lösung technischer Problemstellungen und als Unterrichtsmittel
  3. Tätigkeits- und Mitwirkungsmöglichkeiten an realer informationsverarbeitender Technik in Betrieben und Einrichtungen im Rahmen des Faches Produktive Arbeit (Arbeitsbereich "Informationsverarbeitung und Rechentechnik)
  4. Einführung von fakultativen Kursen (Kurse "Informationsverarbeitung und Rechentechnik" und "Informatik" mit je 110 Stunden) als Elemente vertiefender Bildung.

Die dafür ausgearbeiteten Lehrplane sind 1988 und 1989 verbindlich geworden, wo die materiellen und personellen Voraussetzungen gegeben waren. So konnten 1989 in Berlin-Ost und Thüringen alle Schüler im Grundkurs "Informatik" unterrichtet werden. Lehrer- und Schülermaterialien, methodische Empfehlungen und Software wurden bereitgestellt.

Dieser Weg der Integration einer nutzerorientierten informationstechnischen Grundbildung in den Fachbereich Polytechnik/Arbeit-Technik-Wirtschaft wurde in der gesellschaftlichen Diskussion zur Reform des Schulwesens bekräftigt und ward gegenwärtig in den Ländern weiter beschritten. Im Zusammenhang mit der Erarbeitung neuer Konzepte wird dabei geprüft, informationstechnische Grundbildung inhaltlich modifiziert und systematisch ab Klasse 8 zu vermitteln.
Insgesamt ist sie als feste Aufgabenstellung im Sekundarbereich I eingeordnet.

1.2. Gymnasiale Stufe

Beginnend 1986 erfolgte die Informatikausbildung an Spezialschulen mathematisch-naturwissenschaftlich-technischer Richtung obligatorisch mit speziellen Lehrplänen. Sie beinhaltet einen obligatorischen Informatikunterricht in den Klassen 9 und 10, die Vermittlung technischer Aspekte der Informatik im Technikunterricht und spezielle betriebliche Anwendungen im Fach Produktive Arbeit in diesen Klassenstufen sowie die Möglichkeit einer vertiefenden Ausbildung in den Klassen 11 und 12.

An den erweiterten Oberschulen (EOS) begannen ab 1986 Erprobungen mit dem Ziel, bis 1990 die Einführung einer obligatorischen Ausbildung an allen EOS zu gewährleisten. Mit einem "3-Elemente-Konzept" wurden die Arbeiten darauf gerichtet,

Mit der Einführung einer neuen Stundentafel 1988 wurde den EOS ein flexibles Vorgehen ermöglicht. Seit 1989 ist der Lehrplan "Informatik" in Klasse 11 als Experimental-Lehrplan Arbeitsgrundlage. Der Informatikunterricht erfolgt seitdem obligatorisch oder wahlobligatorisch, ansonsten als fakultatives Angebot, wofür auch der Lehrgang "Entwickeln von Programmen Klasse 12" bereitgestellt wurde. In Berlin-Ost wurde an allen EOS ab 5chuljahr 1988/89 der Informatikunterricht obligatorisch erteilt. Mit der generellen Reform der gymnasialen Stufe wird eine konzeptionelle Neugestaltung der informationstechnischen Bildung angestrebt, wofür in den Ländern Erprobungen stattfinden.

1.3. Sonderschulwesen

Im Sonderschulwesen wurden die Arbeiten darauf konzentriert, in sonderschulspezifischer Weise Elemente informationstechnischer Grundbildung zu integrieren und zugleich die speziellen Möglichkeiten informationsverarbeitender Technik für die korrektiv-erzieherische Arbeit zu erschließen.

Es wird davon ausgegangen, daß die Anwendung dieser Technik - insbesondere der Computer als Kommunikationshilfe - für die Bildung und Erziehung Geschädigter einen erhöhten Stellenwert gewinnt. Erprobungen fanden statt zur Anwendung und Unterstützung des Sprechenlernens bei Gehörlosen mittels Computertechnik, zur Erprobung einer Großfeldtastatur für schwerer körperbehinderte Kinder und zur Effektivität computergestützten Unterrichts bei leistungsschwachen und Kindern mit Lern- und Verhaltensstörungen.

Modellversuche an Hilfsschulen (individuelle Forderprogramme), Sehgeschädigtenschulen (Computer als Schreibhilfe, Stimulierung von Wahrnehmungsprozessen), an Schulen für Hörgeschädigte (Sprachausbildung, schriftsprachliche Kommunikation), Körperbehindertenschulen (Computer als Schreibhilfe, Ausbildung von Motorik und Konzentration) sowie Sprachheilschulen (Übungsprogramme bei Lese-Rechtschreib-Schwäche) sind vorbereitet, über deren Beginn bzw. Weiterführung in den Ländern Entscheidungen anstehen.

 

2. Berufsbildende Schulen

Im Schuljahr 1986/87 begann die Erprobung eines Lehrplanteiles "Grundlagen der Informatik" innerhalb des für alle Lehrlinge obligatorischen Faches "Grundlagen der Automatisierung", die einen Ausbildungsberuf für Absolventen der Klasse 10 der allgemeinbildenden Schule erlernten. Die Erprobung wurde an ca. 120 Berufsschulen durchgeführt und im Folgejahr auf ca. 300 Berufsschulen ausgedehnt. Im Ergebnis wurde ein neuer Lehrplan "Grundlagen der Automatisierung" 1988 eingeführt und für alle ausgestatteten Berufsschulen verbindlich. für den jeweiligen Ausbildungsberuf gab es

Zielstellung ist, die Lehrlinge mit ausgewählten elementaren Kenntnissen über informationsverarbeitende Prozesse mit Computern im Überblick vertraut zu machen und vorrangig in die Programmiersprache BASIC einzuführen. Sie erlernen den richtigen Umgang mit einem Computer sowie die Handhabung der peripheren Geräte und der erforderlichen Software.

Des Ziel des Unterrichts in der 36-Stunden-Variante besteht in der elementaren Befähigung der Lehrlinge zur Bedienung eines Kleincomputers. Sie sollen in der Lage sein, mit vorhandenen Programmen zu arbeiten, unter Anleitung kleine Veränderungen in den Programmen vorzunehmen sowie einfache Programme mit ausgewählten Anweisungen zu erarbeiten.

In der 72-Stunden-Variante werden die Lehrlinge befähigt, mit stärkerem Bezug zur betrieblichen Praxis Programme und Daten sicher und fehlerfrei einzugeben, selbständig mit peripheren Geräten zu arbeiten sowie vorhandene Softwarepakete für die Rationalisierung beruflicher Arbeitsaufgaben zu nutzen. Ferner sollen die Lehrlinge in der Lage sein, einfache Programme zu entwickeln bzw. vorhandene Programme partiell zu verändern.

In der Berufsausbildung mit Abitur schafft die Grundlagenbildung auf dem Gebiet der Informatik die Voraussetzung für die weitere berufsspezifische Vertiefung und Anwendung der Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verhaltensweisen auf dem Gebiet der Informatik. Es werden Kenntnisse über die moderne Informationstechnik sowie ihre Anwendung in den verschiedenen Bereichen der Volkswirtschaft vermittelt. Darin eingeschlossen ist die Befähigung der Lehrlinge zum Umgang mit Computertechnik sowie zur selbständigen Erarbeitung einfacher Programme.

Das Ziel der Informatikausbildung für Lehrlinge des Ausbildungsweges Berufsausbildung mit Abitur bestand in der Aneignung von grundlegenden Fähigkeiten zur Entwicklung von Algorithmen für Problemlösungen und zu ihrer Darstellung in einer höheren Programmiersprache bei naturwissenschaftlichen, technischen und ökonomischen Problemen. Ferner sollen die Lehrlinge befähigt werden, vorhandene Softwarepakete für die rationelle Lösung unterschiedlicher Arbeitsaufgaben insbesondere aus dem Erfahrungsbereich der Lehrlinge zu nutzen. Orientiert wird auf eine dialogorientierte Arbeit. Ein Schwerpunkt besteht darin, Aufgabenstellungen beruflicher Art mit komplexen Anwenderprogrammen rationell und weitgehend selbständig zu lösen.

Zum 1. September 1990 wurden Rahmenlehrpläne für die berufsfeldübergreifende technische Grundlagenbildung in der Berufsausbildung auf den Gebieten der Steuerungstechnik und Informationsverarbeitung eingeführt. Diese Rahmenlehrplane tragen Modulcharakter mit Entscheidungsmöglichkeiten für die Lehrer. Die Lehrplanmodule sind weitgehend kompatibel mit Lerngebieten in neueren Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrplänen der Bundesrepublik Deutschland und lassen sich in deren Gesamtkonzeption einordnen.

Für die Berufsausbildung in allen Facharbeiterberufen im Zeitraum 1986 bis 1990 wurden schrittweise berufsspezifische Informatikinhalte integriert. Die Ausbildung in kaufmännischen Berufen und in den Technischen-Zeichner-Berufen wurde die Lehrplanerarbeitung zentral koordiniert und durch das Zentralinstitut für Berufsbildung der DDR wissenschaftlich betreut. Die Erprobungen mit speziell entwickelter Software fanden zwischen 1986 und Anfang 1988 an 11 Berufsschulen statt. Ab September 1988 wurde diese Ausbildung obligatorisch eingeführt. Nahezu alle Berufsschulen, die Lehrlinge aus diesen Berufen unterrichten, waren mit der entsprechenden Computertechnik und der Software versorgt. für Ausbildungsberufe der Metall- und Elektrobranche wurden durch die Berufsfachkommissionen eigene Lehrpläne entwickelt, die auf den Inhalten des Faches "Grundlagen der Automatisierung" aufbauen.

 

3. Ausstattung

Ab 1986 erfolgte schrittweise die Ausstattung der Schulen mit Kleincomputertechnik im Rahmen bereitgestellter Haushaltsmittel des Bildungswesens und die Ausstattung polytechnischer Zentren und Betriebsberufsschulen durch Mittel der Betriebe. Alle Spezialschulen mathematisch-naturwissenschaftlich-technischer Richtung verfügten zu diesem Zeitpunkt über Computerkabinette und die ersten 18 polytechnischen Zentren erhielten Kleincomputertechnik.
1988 waren 60 % der EOS und Berufschulen sowie 15 - 20 % der polytechnischen Zentren ausgestattet. Ab 1989 begannen nach Testerprobungen die Produktion und die Ausstattung mit dem Bildungscomputer (8-bit-Rechner) als neuer Gerätetechnik vorrangig für die EOS und die Berufsschulen.
Die Ausstattungsempfehlungen sahen 10 Computer für Kabinette in Berufsschulen, 9 Computer für jedes Kabinett in polytechnischen Zentren und 7 für Kabinette an den EOS vor. Regelungen wurden zur Klassenteilung und zum Schülerarbeitsplatz (je 2 Schüler) getroffen.
1990 waren nahezu alle Berufsschulen und EOS mit Computerkabinetten ausgestattet. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind 70 - 100 % der polytechnischen Zentren ausgestattet, während in Mecklenburg-Vorpommern ein Ausstattungsgrad von 30 - 50 % gegeben ist. Die Ausstattung der Sonderschulen mit geeigneter Gerätetechnik steht noch am Beginn.

Probleme bestehen auch im Ersatz mit leistungsfähiger Gerätetechnik. Dazu erfolgte 1990 für 104 EOS und 73 kommunale Berufsschulen eine Grundausstattung mit moderner Hardware (16-bit-Technik). Zur Weiterführung der Ausstattung und Modernisierung werden durch die Länder Fördermaßnahmen im Zusammenwirken mit der Wirtschaft und gesellschaftlichen Kräften erwogen.

 

4. Lehrerbildung

Im Bereich der Lehrerbildung wurden im Einklang mit diesen inhaltlichen und schulpolitischen Entwicklungen die erforderlichen Konsequenzen bestimmt. Qualitativ neue Anforderungen wurden an die Ausbildung der Fachlehrer für Polytechnik gestellt. Ihre fachwissenschaftliche Ausbildung wurde verändert und Lehrinhalte zur Informatik/IVT in den Gesamtprozeß der Ausbildung eingeordnet. Für Studenten aller Fachrichtungen wurden Informatikkurse angeboten. 1989 wurden mit dem Fachrichtungen Polytechnik-Informatik und Mathematik/Informatik neue Ausbildungsprofile für die Lehrerausbildung geschaffen. Seit 1986 bilden die fachlichen und pädagogisch-methodischen Probleme der informationstechnischen Bildung einen Schwerpunkt in der Lehrerfortbildung. Dazu wurden insbesondere folgende Formen genutzt:

In den gegenwärtig bestehenden Weiterbildungseinrichtungen und den sich neu bildenden Landesinstituten für Unterricht und Weiterbildung werden Diese Bemühungen den Erfordernissen entsprechend weitergeführt. Unterstützung erhalten alle neuen Länder durch Angebote für Fort- und Weiterbildung aus ihren Partnerländern.


                                                             top.gif (286 Byte)

drkoerner.net